...heißt SchiggiMiggi und kam heute per Post von der weltbesten Tante.

kninchen - 19. Jul, 13:27
Oder das sog. Ferbertraining war der einzige Punkt, in dem ich mit meiner lieben Hebamme nicht einer Meinung war. Ferbern ist im Prinzip kontrolliertes Schreienlassen des Babys um es an das alleine einschlafen zu gewöhnen. So soll ein Ein- und Durchschlafen schneller und dauerhaft funktionieren. Letztlich steigert man das Schreien bis auf 20min bis man reagiert und kurz tröstet um dann den Raum wieder zu verlassen.
MMn schläft das Baby dann nur aus zwei Gründen ein – Verzweiflung und Erschöpfung.
Für uns kam das bisher nicht in Frage. Zum einen ist klein Theo noch viel zu klein um tatsächlich zu verstehen, zum anderen ist er sehr nähebedürftig und irgendwie sträubt sich da bei mir alles gegen.
Nun gehen wir alle zusammen einmal die Woche zur Massage um unsere verspannten Knochen wieder weich kneten zu lassen und in der Physiopraxis sind ebenfalls drei Kinder geboren, die mit Theo fast gleich alt sind. Alle Mütter (man bedenke, dass alle eine medizinische Ausbildung absolviert haben) sind inzwischen der Meinung, dass Babys im Alter von 3 Monaten alleine schlafen müssen, denn das gemeinsame hinlegen ist anstrengend und "verlorene Zeit", die man anderweitig nutzen kann. Also machen sie gerade alle Ferbertraining. Und nach schon 2 Wochen Schreien lassen, schlafen deren Kinder nach 20 min ein.
Wir hingegen werden etwas schief angesehen (naja, das ist der falsche Ausdruck, denn man akzeptiert ja unseren Weg), aber ich habe immer das Gefühl etwas falsch zu machen, denn es kommt immer ein Gegenargument, das mich an meinem Weg zweifeln lässt. Wir jedenfalls lassen Theo die letzte Stillmahlzeit im Bett einnehmen und er schläft nach gut 15 min (so lange dudelt die Einschlafmelodie) trinkend ein. Manchmal muss ich nochmal hochgehen, weil er wieder wach wurde und noch einen Schluck braucht, aber im Grunde schläft er dann von 20.00h bis 03.00h, bis er also wieder Hunger bekommt.
Wenn wir dann ins Bett gehen, lagere ich ihn in sein Bett in unserem Zimmer um. Wenn er erwacht schreit er nicht, sondern erzählt. Nachts das gleiche Spiel. Wir sind beide im Halbschlaf, er trinkt bis er satt ist und schläft ein. Meist werde ich erst spät wieder wach und lege ihn in sein Bett, manchmal schlafen wir auch alle zusammen im Elternbett.
Mir macht das nichts aus, denn ich denke dass Theo selbst weiß und das dann auch mitteilt, wann er nachts satt ist und wann er abends zum Einschlafen keine Milch und keinen Saugreflex mehr benötigt. Ich gehe jedenfalls mit einem guten, wenn auch müden Gefühl ins Bett und Theo scheint ein zufriedenes Kind zu sein.
Gestern jedoch ereilte mich ein Anflug von Selbstzweifel, errinerte ich mich doch an die Worte der Hebamme, die sonst in allem Recht hatte "Kinder müssen lernen alleine einzuschlafen, sonst werden sie nie selbststädig". Ist unser Weg also bisher der falsche? Erziehe ich mir einen Rockzipfelanhänger? Ich las also nochmal das Programm "Jedes Kind kann schlafen lernen" und irgendwie lehne ich das vom Grunde her ab. Der Kinderschutzbund im Übrigen auch, da es als unmenschlich gilt. Also nix mit Schlaftraining. Wir machen weiter wie bisher. Schließlich entwickelt sich Theo prima, er kann schon viel, dreht sich, ist fröhlich, aufgeschlossen und bisher scheinbar frei von Angst und Sorgen, denn um seine Bedürfnisse erfüllt zu bekommen muss er nie lange Bitten, geschweige denn Schreien.
Und nun habe ich nach langem Suchen auch die Bestätigung gefunden, dass das was wir machen goldrichtig, aber in unserer modernen und schnellen Zeit eben auch anstrengend ist.
Autor: Dr. Katherine Dettwyler PhD - zugeordneter Professor fuer Anthropologie und Ernaehrungswissenschaft Texas A & M University
Originaltitel: "Breastfeeding and co-sleeping in anthropological perspective"
Eine prima Abhandlung, dass Kinder nunmal Säugetiere sind und solange sie sich nicht fortbewegen können auf den Schutz und das Tragen angewiesen sind. Demnach finden Kinder ihren Rhythmus nur dadurch, dass man sie gewähren lässt und eben nicht in feste Muster stopft.
Noch eine tolle Lektüre
"Mama" von Bernadette Stäbler:
"In vielen ursprünglich lebenden Kulturen, die wir "primitiv" nennen, wurden inzwischen Untersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse eine Umwälzung unserer Ansichten über die herkömmliche Kindererziehung mit sich brachten. Ich möchte eine afrikanische Studie herausgreifen und vereinfacht darstellen:
Die erste Gruppe gebar ihre Babys zuhause und ließ diese keinen Moment allein. Geborgen bei der Mutter, wurden sie nach Bedarf gestillt und mußten niemals schreien. Bald ging die Mutter wieder auf das Feld, um die gewohnte Arbeit zu verrichten, das Neugeborene in ein Tragtuch geschlungen.
Die Kontrollgruppe bekam ihre Babys im Krankenhaus mit aller medizinischen Hilfe, einschließlich schmerzlindernden Medikamenten. Gleich nach der Geburt wurden Mutter und Kind getrennt, um zu ruhen. Die Babys bekamen Fläschchen und Schnuller, weil dies "das Moderne" war. Daheim schliefen die Kinder in ihrem Bettchen, in ihrem eigens dafür hergerichtetem Zimmer. Allein, ohne Körperkontakt. Alles ging recht zivilisiert zu, nämlich nach einem genauen Zeitplan, denn die Kinder sollten sich früh an ein geordnetes Leben gewöhnen und weder kleine Tyrannen noch nervös werden.
Ein Jahr später offenbarte sich das Unerwartete: Die Kinder der ersten Gruppe waren in allem den anderen voraus: Sie waren intelligenter in ihren Verhaltensweisen und auch viel sozialer eingestellt, selbst die körperliche Entwicklung war besser, obwohl sie die ganze Zeit "festgebunden" waren.
Ähnliche Ergebnisse ergaben vielseitige Studien in den verschiedensten Kulturkreisen.
Wenn wir versuchen, dies mit einer natürlichen, einfühlsamen Intelligenz nachzuvollziehen, wissen wir, warum das Ergebnis so ausfallen mußte.
Das Baby fühlt sich bei seiner Mutter geborgen. Es muß seine Kräfte nicht für das Weinen verbrauchen. Der mütterliche Körper gibt ihm Wärme. Wenn das Baby sich an seine Mutter schmiegt, fühlt es ein wenig von dem Glück, das es neun Monate lang im Mutterleib haben durfte. Es kennt von daher ja auch schon die Herztöne seiner Mutter, es kennt sogar schon ihre Stimme und nun sieht es endlich ihr Gesicht, ihre Augen und darf an der Brust trinken, wenn es möchte. Das ist das Glück, die mütterliche Liebe, die Impulse gibt für die Intelligenz und das soziale Verhalten. Wenn das Baby sich an die Körperbewegungen der Mutter anpassen muß, während sie ihre alltägliche Arbeit verrichtet, übt es in wundervoller Weise seine Muskeln und den Gleichgewichtssinn."
Wir machen also weiter wie bisher. Theo muss nicht schreien, wird getragen und gibt den Rhythmus vor. Wir gleichen uns schon irgendwie aneinander an :-)
kninchen - 19. Jul, 10:39